
30 Apr. TEM – Traditionelle Europäische Medizin (8)
Das phlegmatische Temperament- Ernährungsrichtlinien
Während der Frühlingszeit vollzieht sich in der Natur die befreiende Auflösung der winterlichen Starre. Das wässrige Element zaubert einen frisch duftenden, feuchten Erdgeruch hervor. Von der Frühlingssonne erwärmt, schmelzen allmählich die letzten Schneeflecken und Eiszapfen dahin. Ein Glucksen, Rieseln und Rinnen durchströmt das Erdreich, und der neue „Lebensfluss“ erweckt junges Grün auf Bäumen, Wiesen und Feldern. Kühe freuen sich an dem ersten saftigen Frühlingsgras. Sie genießen die sprießende Vegetation ihrer Art gemäß. Gibt es etwas Geruhsameres als eine friedlich weidende Kuhherde und ihr gemächliches Kauen und Wiederkäuen im Schatten der Bäume? Sie gibt sich voll und ganz dem Verdauungsprozess hin.
Die Vorstellung eines typisch phlegmatischen Menschen lässt ein ähnliches Bild entstehen: dösend in einem Schaukel-Lehnstuhl, gemütlich eine Pfeife rauchend oder Zeitung lesend, während ein feiner Duft von Kaffee und süßem Kuchen den Raum erfüllt. Er liebt Zufriedenheit und isst und verdaut mit Wohlbehagen. „Phlegma“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Schleim-Wasser“. Beim Phlegmatiker herrscht die Lebensorganisation vor, und diese regelt die inneren Flüssigkeitsvorgänge. Die Repräsentanten des wässrigen Elementes beim Menschen sind das Drüsen- und Lymphsystem, „Lympha“ (lat.) bedeutet „Feuchte, Wasser“. Die Lymphflüssigkeit ist nicht – wie das Blut – in Adern gefasst, sondern sie durchdringt, durchflutet und durchfeuchtet wie ein Lebensstrom den ganzen Organismus.
Die Lymphe ist vergleichbar der flächenhaften Strömung des Grundwasser draußen in der Natur. Dieses fließt unterirdisch durch Spalten und Risse im Erdreich, nicht wie das Wasser von Bächen und Flüssen, sichtbar, in schön geordneten Bahnen. Das Grundwasser hat die gleiche Funktion für die Pflanzenwelt wie die Lymphe für den menschlichen Organismus. Beide bilden die Grundlage für das Wachstum und die Ernährung. Das Blut ist Träger von Geist- und Seelenkräften; die Lymphe – mit ihrem allgemeinen Fluten und Strömen – ist Trägerin des Lebens und bewirkt beim Menschen eher ein „gemütliches Pflanzendasein“ als ein bewusstes, tatkräftiges Wirken.
Wo das Wasser vorherrscht, wird alles rund, weich und plastisch. Dementsprechend ist das Gewebe des Phlegmatikers schlaff, die Hände feucht und „schwammig“, und es besteht bei ihm die Tendenz zur Fettleibigkeit. Er fühlt sich aber in seiner „Rundlichkeit“ behaglich und wohl. Er ist ein ruhiger Beobachter und amüsiert sich über die Hetze und den Stress seiner Mitmenschen; er fühlt sich dadurch keineswegs zur Betätigung veranlasst. Für den Phlegmatiker sind Freunde wichtig, denn durch die verschiedensten Interessen anderer Menschen besteht die Möglichkeit, ihn ein wenig aus seiner Lethargie herauszulocken. Der Phlegmatiker wirkt innerhalb einer Gemeinschaft meistens harmonisierend, und seine Gemütsruhe trägt viel bei zu einer guten Atmosphäre.
Die „Edelsteine“ des Phlegmatikers sind: Gleichmut, Gelassenheit, die Fähigkeit das Leben zu genießen, Ausdauer, Realismus. Er ist treu, wahrhaftig, ruhig, zurückhaltend, gemütvoll, ordnungsliebend und hat ein gutes Gedächtnis.
Der Phlegmatiker würde am liebsten immer Brei, Creme, Pudding, Torte, Kakao, Banane u.ä. essen. Dies alles muss kaum gekaut werden und kommt seiner Bequemlichkeit entgegen.
Man kann das Interesse am Kauen und Schmecken wecken durch Gewürze wie: Curry, Rosmarin, Salbei, Senf, Basilikum etc. – Gewürze dienen zur Anregung der Verdauungssäfte.
Das Frühstück des Phlegmatikers sollte nicht zu reichhaltig sein, da ihn sonst das behagliche Verdauen beim Lernen und Arbeiten behindert. Ein Haferbrei mit Brennnesselpulver oder Letzteres auf ein Brot gestreut, werden ihm behilflich sein, den Tag aktiv zu beginnen. Hafer ist bekannt als „feuriges Getreide“, sein Eisengehalt ist hoch, und er ist ein geschätztes Mittel bei Diabetes.
Schwerverdauliche Speisen wie – Bohnen, Erbsen, Linsen, Eier und Käse – sollten mit Maß genossen werden. Eiweißreiche Nahrung fördert die Trägheit des Organismus.
Sauermilchprodukte sind leichter verdaulich als solche aus Vollmilch.
Das Verdauungsklima des Phlegmatikers ist feucht-kalt. Die warmen Getreide, wie Hirse und Gerste, werden ihm deshalb gut tun. Auch Dinkel und Grünkern zeichnen sich aus durch eine harmonisierende und aufbauende Wirkung auf den Stoffwechsel.
Rohes Wurzelgemüse wirkt stimulierend auf die Kopfkräfte. „Zuviel des Guten“ (Rohkost und ganzes Getreide) überfordert aber die Verdauungskräfte; ein gutes Mittelweg ist angesagt. In auffallender Weise entspricht der Reis dem phlegmatischen Temperament. Er zeichnet sich durch seine gute Verdaulichkeit aus. Er sollte aber immer gewürzt werden. Die Zwiebel und der Knoblauch sind ebenfalls zu empfehlen.
Rezepte für das phlegmatische Temperament
Frühlings-Spinat
Zutaten: 1 kg Frühlings-Spinat, 30 g Butter oder 3 EL Olivenöl, 1 kleine Zwiebel, fein gehackt, 1-2 Knoblauchzehen, durchgepresst, 1 EL getrocknete Rosmarinnadeln fein gerieben oder gemahlen, 150 g Sauerrahm, 2 EL Mandelstifte geröstet
Zubereitung: Spinat gut waschen und in wenig Wasser 2 Minuten blanchieren. Butter oder Öl erwärmen, Zwiebel und Knoblauch leicht andünsten, Spinat zugeben und mitdünsten, gut würzen, Sauerrahm zugeben und mit den gerösteten Mandelstiften bestreuen.
Erdbeer-Coupe
Zutaten: 700 g Erdbeeren, 2 EL Honig, 200 ml Schlagrahm, 4 EL Sauerrahm, 4 EL Ahornsirup, 1/2 – 1 TL Vanillepulver, echt
Zubereitung: Erdbeeren waschen und in Scheiben schneiden, mit Honig mischen (Honig hebt den Erdbeergeschmack); Ca 1/4 Stunde ziehen lassen. Schlagrahm schlagen und mit Sauerrahm, Ahornsirup und Vanillepulver mischen und abwechselnd mit den Erdbeeren in Coupgläster füllen.
Quelle: Das vier Temperamente Kochbuch, Emma Graf
Autorin: Maria Hafellner